Drei Monate nach dem Urteil des Verfassungsgerichts ist in Polen ein umstrittenes Abtreibungsgesetz, das Schwangerschaftsabbrüche nahezu unmöglich macht, in Kraft getreten.
Gegen die Gerichtsentscheidung hatten bereits im Herbst Tausende demonstriert. Auch Mittwochabend kam es zu spontanen Protesten.
“Ich denke, ich fühle, ich entscheide”
Mehrere Hundert Menschen versammelten sich vor dem Warschauer Gerichtsgebäude und zogen anschließend durchs Zentrum. Demonstranten trugen Plakate mit Slogans wie “Ich denke, ich fühle, ich entscheide” und “Hölle der Frauen”. Auch in anderen Großstädten wie Lodz und Stettin (Szczecin) gab es Proteste.
Kurz zuvor war die Neuregelung im Gesetzesblatt veröffentlicht worden, der letzte noch nötige Schritt für das Inkrafttreten. Nach Einschätzung von Beobachtern hatte die polnische Regierung die Veröffentlichung bewusst hinausgezögert, um der Protestbewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Nur noch bei Vergewaltung oder wenn das Leben der Frau in Gefahr ist
Schwangerschaftsabbrüche sind damit in Polen auch dann verboten, wenn der Fötus schwer und unheilbar fehlgebildet oder erkrankt ist. Zulässig sind sie nur noch, wenn eine Vergewaltigung vorausging oder wenn das Leben der Frau in Gefahr ist.
Polen hatte schon vorher eine der restriktivsten Abtreibungsgesetzgebungen in Europa mit jährlich weniger als 2000 legal vorgenommenen Schwangerschaftsabbrüchen.
Frauenrechtsorganisationen schätzen jedoch, dass pro Jahr etwa 200.000 Polinnen illegal abtreiben oder dafür ins Ausland gehen. Diese Zahl dürfte mit dem neuen Abtreibungsgesetz noch steigen.