Mehr als 700.000 Menschen sind in Italien bereits gegen das Coronavirus geimpft worden – die Ärztin Maristella Guerra ist eine von ihnen. Die Terminbestätigung kam per SMS auf ihr Handy. In einem Impfzentrum in Rom werden ihre Daten aufgenommen und dann dauert es nur noch Minuten, bis der erste Schritt zur Immunisierung getan ist.
Guerra hat trotz eigener gesundheitlicher Probleme Covid-19-Patientinnen und -Patienten behandelt. Für sie ist die Impfung das Ende eines Albtraums: “In meiner Zeit auf der Corona-Station hatte ich sehr viel Angst. Sie können sich vorstellen, wie wichtig das hier heute für mich ist.”
“Als Krankenschwester konnte ich nicht nein sagen”
Yasmine Marcella Irace ist Krankenschwester in einer Notaufnahme und hatte Covid-19. Es sei unmöglich zu beschreiben, was während der Pandemie in den Krankenhäusern los war, sagt sie. “Darüber wurde viel geredet, aber diejenigen, die dort gearbeitet haben, haben das noch mal ganz anders erlebt. Zum Beispiel, wenn man begreift, dass man jemanden aufgeben muss oder wenn man selbst infiziert wird. Jeder Tag ist sehr emotional. Heute bin ich besonders ängstlich.”
Sie stand einer Impfung erst skeptisch gegenüber, so Irace: “Ja, erst hatte ich Angst vor einer Impfung, aber als Krankenschwester konnte ich nicht nein sagen. Ich muss das tun, für die Gemeinschaft, für alle.”
Loredana Piacenti ist seit Beginn der Impfkampagne im Dezember dabei. Die Zustimmung zur Immunisierung sei auch wichtig für das Teamwork, sagt sie: “Wir sind darauf angewiesen, uns gut zu verstehen, damit wir gut zusammenarbeiten und diese schweren Zeiten überwinden können.”
Auch für Angelo Tanese, Leiter einer lokalen Gesundheitsbehörde in Rom, geht es beim Impfen mehr als nur um die Immunisierung: “Der Sinn und Zweck von dem, was wir hier machen, ist nicht nur, gegen den Gesundheitsnotstand zu kämpfen, aber auch, die Gemeinschaft zu beschützen. Dafür ist die Impfkampagne ein gutes Beispiel.”
Impfpflicht für Ärztinnen und Pfleger?
Der Fortschritt bei der Impfkampagne in Italien ist in den Regionen sehr unterschiedlich. In der Hauptstadtregion Latium wurden bisher 70 Prozent der gelieferten Dosen verabreicht. In Kampanien haben die Krankenhäuser die ersten Vorräte bereits verbraucht. Im Epizentrum der Epidemie, in der Lombardei, werden die Behörden dafür kritisiert, dass die Impfungen langsamer als geplant verlaufen.
Unterdessen diskutiere das medizinische Personal darüber, ob eine Impfung für Ärztinnen und Pfleger verpflichtend sein sollte, so unsere Korrespondentin Giorgia Orlandi. Viele von ihnen sähen ihre Impfung als Botschaft der Ermutigung an diejenigen, die noch zögern. Deswegen trügen sie auch einen Anstecker, auf dem steht: ‘Ich wurde geimpft’.