“Ich kann keine Zahlen nennen. Es waren einfach zu viele.” Victor Augusto Azambuja ist Intensivmediziner im städtischen Krankenhaus Ronaldo Gazolla in Rio de Janeiro. In der Klinik starben im vergangenen Jahr 2603 Menschen an Covid-19, darunter waren auch Ärztinnen und Pfleger.
“Wir haben viele Kolleginnen und Kollegen verloren, die in der Technik oder in der Pflege gearbeitet haben”, so die Krankenschwester Helenice Rodrigues Messner Neves. “Irgendwann gab es nicht mehr genug Leute, die zur Arbeit kamen.”
Sechs Monate Klinikdienst ohne Bezahlung
Wie in vielen anderen Ländern hatten Krankenhäuser in Brasilien zu Beginn der Krise nicht ausreichend Schutzausrüstung, Medikamente und Personal. Ärzte und Pflegerinnen mussten ihre eigenen Ängste hintenanstellen, während sie Leben retten. Doch im Gegensatz zu anderen Ländern, wurden viele dafür noch nicht mal bezahlt. “Wir hatten Personal, das über sechs Monate lang ohne Lohn gearbeitet hat”, so der Arzt Carlos Vasconcellos.
Hinzu kommt, dass viele Arbeitsplätze outgesourct wurden, um Kosten zu sparen, so dass viele Ärzte und Pflegerinnen sozial nicht abgesichert sind. Sie erschienen also zum Dienst, obwohl es ihnen nicht gut ging, wie Vasconcellos weiter berichtet: “Viele sind zur Arbeit gegangen, obwohl sie Covid-19 und milde Symptome hatten. Denn sonst wären sie nicht bezahlt worden.”
Überlastung der Friedhöfe befürchtet
Brasilien überschritt in der vergangenen Woche die Marke von 200.000 Corona-Toten. Es ist damit nach den USA das Land mit den weltweit meisten Opfern. Die Dunkelziffer ist laut Schätzungen sehr viel größer, da wenig getestet wird. Es wird eine erneute Überlastung der Friedhöfe befürchtet.
Präsident Jair Bolsonaro, der sich selbst infizierte, bezeichnete das Virus wiederholt als “kleine Grippe” und sieht bisher keine Notwendigkeit für eine Impfstrategie. Der Unglaube in der Bevölkerung ist weiterhin groß.
Während unserer Dreharbeiten ist im Ronaldo-Gazolla-Krankenhaus mindestens ein Mensch an Corona gestorben. Im Schnitt verzeichnet die Klinik acht Covid-19-Tote täglich. “Wenn es soweit ist, sind wir einfach nur still”, so die Krankenschwester Vanessa de Albuquerque. “Wir haben keine Kraft mehr. Ich arbeite seit 20 Jahren in der Notaufnahme und der Intensivstation. So schwer war es noch nie.”